ich bin schon sehr gerne wienerin und genauso gerne sitze ich in der wiener city im schani garten, lasse es mir gut gehen, sehe den anderen beim vorbei flanieren zu, schlürfe mocca mit schlagobers und tu sonst nix. typisch ich.
in diese idylle hinein platzt mir eine bettlerin. sie beschwatzt mich in einer seltsamen sprache und ich verstehe nur zwischendurch: hunger-essen-geld und gib.
erst drehe ich mich etwas genervt weg, die frau drängt aber nach und kommt mir zu nahe, so sage ich laut : "nein!" und sie geht.
die belästigung ist weg, aber mir geht es sauschlecht, meine gallensteine beginnen plötzlich zu rumoren.
was ist los mit mir? schuldgefühle? in meinem kopf überschlagen sich erklärungen warum und wieso ich doch absolut richtig gehandelt habe der bettlerin nichts zugeben. immerhin hätte da wahrscheinlich irgendwo im hintergrund ein komplize gelauert und beobachtet, wo mein geldbörsel steckt, um mich dann zu berauben und sowieso steckt die bettlermafia dahinter, die man ja doch nicht unterstützen darf usw ....etc...bla..bla....
na also, wenn ich schon richtig gehandelt hab, warum geht es mir dann so schlecht?
angst in der hölle zu landen? quatsch, wenn ich doch weder tod noch teufel fürchte, warum sollte ich mich dann vor etwas fürchten an das ich gar nicht glaube. ich glaube weder an die hölle noch daran jemals mehr in meinem jetzigen leben opfer von irgendwem oder irgendwas zu sein -schon gar nicht von so einem selbsternannten bettelpapst!
oder ist es scham? scham vor den anderen gästen, was die wohl von mir denken?
pffh...was werden die schon von mir denken außer: die ist geizig! -
und schon bin ich schwer geschockt! ertappt!!! *wow* genau, das ist es! ich bin geizig!
ich bin gar nicht die großzügige, entspannte, weltoffene, weise alte!
nein, ich bin auch ein verdammter geizkragen!
kaum hat sich diese erkenntnis festgesetzt, geben die gallesteine ruhe und mir geht es wieder gut.
nicht, dass ich jetzt stolz auf diesen charakterzug bin, aber ich verstehe diese erkenntnis als einen wichtigen schritt auf dem weg zu meiner vervollkommnung. es geht nicht darum "entweder gut oder böse" zu sein. es geht darum das "sowohl als auch" zu verstehen, zu integrieren. und selber zu entscheiden wie und wo's lang geht.
es war einfach magisch wie sozusagen spontan geheilt mein körper auf das akzeptieren dieses schattens reagiert hat.
und natürlich plane ich diesen geiz in was anderes zu verwandeln. vielleicht in sparsam - oder schweigsamkeit?
oder ich verarbeite ihn zu etwas sympathischerem....
